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Samstag, 20. August 2016

Das neue Glück wartet schon auf Sie. Geben Sie ihm eine Chance.



Lilli Cremer-Altgeld. Toscana.

Ich weiss nicht mehr genau, wann ich mich entschieden hatte – aber irgendwann war mir klar: KUNSTGESCHICHTE IST MEIN LEBEN!

Ich hatte bereits 4 Semester und eine bestandene Prüfung in Kunstgeschichte hinter mir als ich mich bei einem berühmten Professor für Kunstgeschichte an der Uni anmeldete. Eine gute Freundin, die an dieser Hochschule Altgriechisch unterrichtete, hatte mir den Zugang ermöglicht. Ich erhielt drei Themen für das Professoren-Gespräch. Und ging studieren. Zuerst nach Frankreich: Gotische Kathedralen. Dann nach Florenz: Michelangelo. Schliesslich nach Griechenland: die Kunst im Zeitalter des Perikles.

Ich fühlte mich gut vorbereitet und sicher. Und so verlief auch das Gespräch. Siegessicher und hoffnungsfroh durchlief ich diese Prüfung. Wusste jede Antwort, konnte gut beschreiben, erklären, interpretieren. Wäre dies ein Fussballspiel, so hätte ich zum Schluss gesagt: 10:0 für mich.

Tja.
Zu früh gefreut.

Ich bekam zwar ein einwandfreies Feedback. Gute Chancen für ein gutes Studium.

Aber zu früh gefreut.

So gut wie ich das alles machte, so gut würde auch mein weiterer Lebensweg sein. Dazu würde ich seine Hilfe nicht brauchen. Er, so der Prof, würde sich lieber um die kümmern, die nicht aus der Oberschicht kommen und in ihrer Freizeit Homer im Original lesen. Er würde sich lieber um die Benachteiligten kümmern. Und die fördern, die aus einfachen Verhältnissen nach oben streben.
Sprach ‘s. Lächelte. Und führte mich zur Tür.

Einwände lächelte er hinweg.
Oberschicht?
Homer im Original lesen?

Meine Eltern hatten mehrere Restaurants. Gewiss, es gab Promis unter unseren Kund/innen: Fussballweltmeister, Top-Manager/innen, Schauspieler/innen. Gewiss, wir waren auch öfter in der Presse. Auszeichnungen für die feine Küche. Aber: Oberschicht? Homer?  


Ich kannte den Großmarkt Rungis in Paris. Unser Küchenchef hatte die beste Hotelfachschule der Schweiz besucht.  Und ich hatte schliesslich in dem Hotel meine „Lehrjahre“ absolviert, in dem die Familie Adenauer zu privatem Essen einlud. Aber Homer?


Ich kannte alle 36 Rezepte für Kartoffel, die man zurzeit von Louis le Grand (Louis XIV) als Koch kennen musste. Ich konnte ein Menu mit 21 Menu-Gängen zusammen stellen, wusste wo und wie welcher Champagner gelagert wurde. Homer?

Ich kannte Einkauf. Küche. Service. Freizeit? Fremdwort.

Homer im Original lesen? Ich war froh, wenn ich es schaffte, die Tageszeitung zu lesen.

Aus der Traum vom Kunststudium! Neuer Versuch bei einem anderen Professor? Einem, der weniger zynisch ist? Mit besserer Menschenkenntnis? Ja. Ich habe darüber nachgedacht. Jedoch dachte ich dann auch: Es hat eine Bedeutung, dass ich nicht in der Gruppe dieses Professors aufgenommen wurde. Ich muss jetzt nur noch diese Bedeutung finden.

Ich machte es mir nicht leicht, denn sonst hätte ich es schon früher wissen müssen. Meine eigentliche Liebe war schon immer die POLITIK. Das war mein Leben. Und so ist es auch heute noch: Politik & Politische Wissenschaft. Wie konnte es nur sein, dass ich das nicht von Anfang an erkennen konnte?

Wenn "Zu-früh-gefreut" Ihren Weg kreuzt, denken Sie an die Worte, die mir damals ein Freund nahe legte: "Das neue Glück wartet schon auf Sie. Geben Sie ihm eine Chance." Mein Glück war und ist die Politik. Ich habe dann Politische Wissenschaft studiert. Und bis heute kann ich sagen: Das war und ist richtig!


Sollten Sie eine Freundin haben, die an der Uni Altgriechisch unterrichtet oder mit Homer unter dem Arm rumläuft – halten Sie inne und fragen Sie sich, ob es gut ist, dass sie Ihnen mit Vitamin B zu einem Vorstellungsgespräch verhilft.


Lilli Cremer-Altgeld




Donnerstag, 4. August 2016

Ein Bär, der fliegen kann


Dieser seltene und von Aussterben bedrohte Falter namens Brauner Bär sitzt unbeirrt auf meinem Schuh. Schreibt Saskia-Marjanna Schulz. Und macht dieses Foto: Brauner Bär, Österreich am 03.08.2016.


Ich las die Headline in meinem Posteingangsordner „Brauner Bär“. Und dachte: brauner Bär? Sind nicht alle Bären braun? Na, ja. Bis auf die quitschgrünen, tomatenroten oder sonnengelben Teddybären?


Mit Bären kenne ich mich nicht so gut aus. Jedenfalls nicht so wie mit anderen Themen. Wie mit Politik, Geschichte oder auch Literaturgeschichte. Deutscher Literaturgeschichte.

Die Interessen sind in unserer Familie gut verteilt. Mein Bruder ist für Sport zuständig. Mein Cousin für Kunst. Und meine Cousine für Biologie. Brauner Bär fiel also in ihre Abteilung. Dachte ich.

Gleichwohl freute ich mich auf ein Bärenfoto. Vom braunen Bären.
Die Überraschung war gross: Ein Schmetterling? Ein Schmetterling, der „Brauner Bär“ heisst? Das ist ja so als würde München jetzt „Paris“ oder „Venedig“ heissen. Oder ein Flugzeug „Kaffeetasse“.

Nothing is impossible.

Ich dachte an Filme, in denen der Mann fremd geht und von seiner Ehefrau überrascht wird. Der Standard-Satz heisst dann: Liebling, es ist nicht so wie es aussieht (Doch. Es ist dann doch so wie es aussieht. Meistens).

Ich dachte auch an Ufos. Da werden unbekannte „Flugobjekte“ am Himmel gesichtet. Das sollen dann „Aliens auf Weltreise“ sein? Und dann heisst es: Es ist nicht das, wonach es aussieht.

Wir erinnern uns: „Sheldon Cooper: Es ist nicht das, wonach es aussieht.“

Gut, dachte ich: Sei mal offen für Überraschungen!

Kein Bär, der Dich fressen will.
Kein Bär zum Knuddeln.

Dafür: Ein Bär, der Vertrauen zeigt.
Und so schön sein kann, dass die Designer von Prada & Co. ihre wahre Freude hätten.

Danke, Saskia-Marjanna Schulz.
Und danke, kleiner Brauner Bär.
Gute Reisen!


Lilli Cremer-Altgeld