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Mittwoch, 14. September 2016

Erfolgsgeheimnisse?



Lilli Cremer-Altgeld


Die Prüfung bestanden ging ich als Seminarleiterin frisch ans Werk. Monate zuvor war ich Mitglied in einem Team, das für eine deutsche Universität „die Elite“ Deutschlands interviewte. Hier erfuhr ich, wie und warum Menschen so erfolgreich wurden. Diese Informationen band ich nun in meine Seminare ein.

Ich hatte eine gewisse Vor-Freude. Denn ich dachte: Die Menschen werden glücklich sein, wenn sie aus erster Hand erfahren, wie das so geht mit dem Erfolg. An welchen Rädchen man drehen muss – was man besser lassen sollte – und worauf es ankommt, dass der Mensch „so“ erfolgreich wird.

Ich dachte: Die Menschen machen sich nun bald ans Werk und loten aus, wie für sie selbst so ein Erfolgsweg aussehen könnte. Und fangen auch an, eine Vor-Freude auf ihr Glück zu empfinden.

Und wie war die Resonanz?
Wenig bis kaum Interesse an dem eigenen Erfolg.
Wie konnte das sein?

Vielleicht liegt es ja an mir,  dachte ich?
Ich muss diese „Erfolgsgeheimnisse“ einfach noch besser rüberbringen!

Dabei kam mir der Auftrag eines amerikanischen Konzerns sehr gelegen: Ich bekam den Aufgabe, eine Mitarbeiterbefragung zum Thema „Erfolg“ durchzuführen.

Nach dieser Studie wusste ich genau: Die Menschen hatten Angst vor dem Erfolg.
Angst vor dem Erfolg, den doch alle (?) so ersehnen?
Angst vor dem eigenen Erfolg?

Gewiss, es gab da diese Alphatiere, die sich vorstellen konnten in einer gewissen Metapher glücklich zu werden. Es war die Metapher: „Mein Ziel ist es, am Tegernsee eine Villa zu haben, den Blick von meiner Terrasse über das Tal schweifen zu lassen und mich an meinem Ferrari (wahlweise in Schwarz oder Feuerrot) zu erfreuen. Ich bin dann Coach und schreibe Bücher.“

Warum Coach?
Ich bin nun selbst Coach seit mehr als 20 Jahren. Ein schöner Beruf. Jedoch keiner, der unter das Vergnügungssteuergesetz fällt. 

Nein. Keiner von ihnen wurde Coach. Keine Villa, kein Tegernsee, kein Ferrari. Und das waren schon die Erfolgreichsten, die ich befragt habe. 

Die anderen Mitglieder der Studie gaben unumwunden zu: ICH HABE ANGST!.
Grössere Erfolge? Fehlanzeige. Immer wieder zeigte sich diese Angst.

Angst, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Angst, den Weg nicht zu erkennen. Angst, den sozialen Kreis zu verlieren. Angst vor Neid und Missgunst. Angst vor sich selbst.

Angst kann man überwinden. Aber auch davor hatten die Menschen Angst.

Ich bekam eine zweite Chance, an einer Elitestudie  zu arbeiten. Diesmal hatte ich sogar die Möglichkeit, alle Interviews zu lesen. Mir fiel auf, dass es noch etwas anderes ist, was die „Elite“ der Presse erzählt – und was die Wissenschaftler/innen erfahren durften.  Ich erfuhr, dass es auch bei diesen Menschen Angst gab. Aber, dass es Netze gab. Netze aus echten Freundschaften,  die sie lange und kunstvoll geknüpft hatten. Und die sie immer wieder auffingen, wenn denn mal der grosse Sturm aufkam.

Diese Menschen wurden nicht weniger gebeutelt vom Leben als alle anderen Menschen auch. Aber sie hatten das Netz, das sie auffing. Sie hatten viel Zeit, Liebe und Wertschätzung in dieses Netz investiert. Nicht berechnend, nicht strategisch – obwohl vielleicht auch – aber vor allem, weil es dieser Elite ein echtes Anliegen war, das Gute im Menschen zu sehen und zu kultivieren, bauten sie immer wieder diese Netze.

Ganz expliziert erzählten diese Menschen an der Spitze der Gesellschaft, dass sie von dem Gedankengut Goethes beeinflusst waren. Und dieser Spruch auch ihr Leben durchwirkt: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“.

Kann man das auf die einfache Formel bringen: Wer gut (zu sich) und den anderen ist – wird vom Leben belohnt?  Bei den „Eliten“, die hier befragt wurden, zeigte sich hier ein eindeutiger Trend ab.

Jedoch gab es neben  „Netzen“ (ECHTE FREUNDE!)  und  Wertschätzung  weitere Ursachen.

Vor allem hatte es etwas damit zu tun, wie man sich selbst sah und sich auch selbst entwickelte. Das jeder Mensch besondere Begabungen hat, ist klar. Das diese gefunden werden müssen – auch.

Es gab da diese Gedanken, die ebenfalls Goethe zugeschrieben werden: „Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen, Vorboten desjenigen, was wir zu leisten imstande sein werden. Was wir können und möchten, stellt sich unserer Einbildungskraft außer uns und in der Zukunft dar; wir fühlen eine Sehnsucht nach dem, was wir schon im Stillen besitzen. So verwandelt ein leidenschaftliches Vorausgreifen das wahrhaft Mögliche in ein erträumtes Wirkliches.“

Dass es nicht nur darum geht, die Zukunft „zu ersträumen“, sondern dass diese Zukunft mit Arbeit, Disziplin und Konzentration verbunden ist, war allen Beteiligten bewusst. Und das haben alle Beteiligte auch bedingungslos für sich akzeptiert.

Noch etwas fiel mir auf. Diese Menschen hatten alle – mehr oder weniger – eine Affinität zu Mark Aurel. Oder einem der anderen Philosophen der Stoa. Nicht umsonst gilt die Stoa als der Wegweiser der Elite im angelsächsischen Raum.  Nicht umsonst führt gerade diese Philosophie zum Glück. Gedanken von Mark Aurel wie "Glücklich sein heißt einen guten Charakter haben“. (Selbstbetrachtungen VII) lassen dies erahnen.

Wenn Menschen nicht erfolgreich sind, hat es oft damit zu tun, dass sie Ängste haben. Ängste vor einer ungewissen Zukunft.  Ängste vor anderen Menschen. 

Aber: Ängste haben alle Menschen.
Es geht deshalb um den richtigen Umgang mit der Angst. Welche Angst ist gut und brauchbar – welche steht uns im Wege auf dem Weg zu uns selbst?

Was vielen Menschen weniger bekannt ist: Ängste kann man inzwischen auch ohne Therapie und Coaching überwinden. Wer seine Konzentration auf eine angstfreie Zukunft einstellt, wird seine Augen und Ohren weit offen haben – und so erkennen, was gerade für ihn hilfreich ist.

Wer sich von der Angst befreien kann – wird frei sein, sein Ziel und seinen Weg zu erkennen. Es geht vielleicht nicht von heute auf morgen. Aber es geht.

Ich habe immer wieder erlebt, dass Menschen die sich selbst schon aufgegeben haben, zu ihrem wahren Leben gefunden haben. Menschen, die sehr krank waren. Menschen, die aus einem traurigen Elternhaus kamen. Menschen, die nicht gefördert, sondern missbraucht wurden. Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens geboren und aufgewachsen sind.

Ich habe erlebt, dass jeder die Sonnenseite des Lebens finden kann. Ich bin sicher, dass jeder Mensch Wert ist, diese Sonne zu finden. Folge Deiner Intuition – ist der erste Schritt.

© Lilli Cremer-Altgeld, 2016




Samstag, 20. August 2016

Das neue Glück wartet schon auf Sie. Geben Sie ihm eine Chance.



Lilli Cremer-Altgeld. Toscana.

Ich weiss nicht mehr genau, wann ich mich entschieden hatte – aber irgendwann war mir klar: KUNSTGESCHICHTE IST MEIN LEBEN!

Ich hatte bereits 4 Semester und eine bestandene Prüfung in Kunstgeschichte hinter mir als ich mich bei einem berühmten Professor für Kunstgeschichte an der Uni anmeldete. Eine gute Freundin, die an dieser Hochschule Altgriechisch unterrichtete, hatte mir den Zugang ermöglicht. Ich erhielt drei Themen für das Professoren-Gespräch. Und ging studieren. Zuerst nach Frankreich: Gotische Kathedralen. Dann nach Florenz: Michelangelo. Schliesslich nach Griechenland: die Kunst im Zeitalter des Perikles.

Ich fühlte mich gut vorbereitet und sicher. Und so verlief auch das Gespräch. Siegessicher und hoffnungsfroh durchlief ich diese Prüfung. Wusste jede Antwort, konnte gut beschreiben, erklären, interpretieren. Wäre dies ein Fussballspiel, so hätte ich zum Schluss gesagt: 10:0 für mich.

Tja.
Zu früh gefreut.

Ich bekam zwar ein einwandfreies Feedback. Gute Chancen für ein gutes Studium.

Aber zu früh gefreut.

So gut wie ich das alles machte, so gut würde auch mein weiterer Lebensweg sein. Dazu würde ich seine Hilfe nicht brauchen. Er, so der Prof, würde sich lieber um die kümmern, die nicht aus der Oberschicht kommen und in ihrer Freizeit Homer im Original lesen. Er würde sich lieber um die Benachteiligten kümmern. Und die fördern, die aus einfachen Verhältnissen nach oben streben.
Sprach ‘s. Lächelte. Und führte mich zur Tür.

Einwände lächelte er hinweg.
Oberschicht?
Homer im Original lesen?

Meine Eltern hatten mehrere Restaurants. Gewiss, es gab Promis unter unseren Kund/innen: Fussballweltmeister, Top-Manager/innen, Schauspieler/innen. Gewiss, wir waren auch öfter in der Presse. Auszeichnungen für die feine Küche. Aber: Oberschicht? Homer?  


Ich kannte den Großmarkt Rungis in Paris. Unser Küchenchef hatte die beste Hotelfachschule der Schweiz besucht.  Und ich hatte schliesslich in dem Hotel meine „Lehrjahre“ absolviert, in dem die Familie Adenauer zu privatem Essen einlud. Aber Homer?


Ich kannte alle 36 Rezepte für Kartoffel, die man zurzeit von Louis le Grand (Louis XIV) als Koch kennen musste. Ich konnte ein Menu mit 21 Menu-Gängen zusammen stellen, wusste wo und wie welcher Champagner gelagert wurde. Homer?

Ich kannte Einkauf. Küche. Service. Freizeit? Fremdwort.

Homer im Original lesen? Ich war froh, wenn ich es schaffte, die Tageszeitung zu lesen.

Aus der Traum vom Kunststudium! Neuer Versuch bei einem anderen Professor? Einem, der weniger zynisch ist? Mit besserer Menschenkenntnis? Ja. Ich habe darüber nachgedacht. Jedoch dachte ich dann auch: Es hat eine Bedeutung, dass ich nicht in der Gruppe dieses Professors aufgenommen wurde. Ich muss jetzt nur noch diese Bedeutung finden.

Ich machte es mir nicht leicht, denn sonst hätte ich es schon früher wissen müssen. Meine eigentliche Liebe war schon immer die POLITIK. Das war mein Leben. Und so ist es auch heute noch: Politik & Politische Wissenschaft. Wie konnte es nur sein, dass ich das nicht von Anfang an erkennen konnte?

Wenn "Zu-früh-gefreut" Ihren Weg kreuzt, denken Sie an die Worte, die mir damals ein Freund nahe legte: "Das neue Glück wartet schon auf Sie. Geben Sie ihm eine Chance." Mein Glück war und ist die Politik. Ich habe dann Politische Wissenschaft studiert. Und bis heute kann ich sagen: Das war und ist richtig!


Sollten Sie eine Freundin haben, die an der Uni Altgriechisch unterrichtet oder mit Homer unter dem Arm rumläuft – halten Sie inne und fragen Sie sich, ob es gut ist, dass sie Ihnen mit Vitamin B zu einem Vorstellungsgespräch verhilft.


Lilli Cremer-Altgeld




Donnerstag, 4. August 2016

Ein Bär, der fliegen kann


Dieser seltene und von Aussterben bedrohte Falter namens Brauner Bär sitzt unbeirrt auf meinem Schuh. Schreibt Saskia-Marjanna Schulz. Und macht dieses Foto: Brauner Bär, Österreich am 03.08.2016.


Ich las die Headline in meinem Posteingangsordner „Brauner Bär“. Und dachte: brauner Bär? Sind nicht alle Bären braun? Na, ja. Bis auf die quitschgrünen, tomatenroten oder sonnengelben Teddybären?


Mit Bären kenne ich mich nicht so gut aus. Jedenfalls nicht so wie mit anderen Themen. Wie mit Politik, Geschichte oder auch Literaturgeschichte. Deutscher Literaturgeschichte.

Die Interessen sind in unserer Familie gut verteilt. Mein Bruder ist für Sport zuständig. Mein Cousin für Kunst. Und meine Cousine für Biologie. Brauner Bär fiel also in ihre Abteilung. Dachte ich.

Gleichwohl freute ich mich auf ein Bärenfoto. Vom braunen Bären.
Die Überraschung war gross: Ein Schmetterling? Ein Schmetterling, der „Brauner Bär“ heisst? Das ist ja so als würde München jetzt „Paris“ oder „Venedig“ heissen. Oder ein Flugzeug „Kaffeetasse“.

Nothing is impossible.

Ich dachte an Filme, in denen der Mann fremd geht und von seiner Ehefrau überrascht wird. Der Standard-Satz heisst dann: Liebling, es ist nicht so wie es aussieht (Doch. Es ist dann doch so wie es aussieht. Meistens).

Ich dachte auch an Ufos. Da werden unbekannte „Flugobjekte“ am Himmel gesichtet. Das sollen dann „Aliens auf Weltreise“ sein? Und dann heisst es: Es ist nicht das, wonach es aussieht.

Wir erinnern uns: „Sheldon Cooper: Es ist nicht das, wonach es aussieht.“

Gut, dachte ich: Sei mal offen für Überraschungen!

Kein Bär, der Dich fressen will.
Kein Bär zum Knuddeln.

Dafür: Ein Bär, der Vertrauen zeigt.
Und so schön sein kann, dass die Designer von Prada & Co. ihre wahre Freude hätten.

Danke, Saskia-Marjanna Schulz.
Und danke, kleiner Brauner Bär.
Gute Reisen!


Lilli Cremer-Altgeld